Freitag, 07.12.2012

René Vautier, Algier und die anti-imperialistische Konstellation
Olivier Hadouchi, Paris
18.00 Uhr

Afrique 50 / Afrika 1950
F 1950, R: René Vautier, Musik: Keita Fodeba, 18‘, 16 mm, OmU
Bezug: Cinémathèque de Bretagne
Deutsche Untertitel: .ppt / .rtf

Monangambée
ALG 1969, R: Sarah Maldoror, 15′, 16 mm, OmeU
Bezug: Arsenal Berlin

Le Glas / Die Totenglocke
ALG 1969, R: Ferid Dendeni a.k.a. René Vautier, K: Ali Marok, Sprecher: Djibril Diop Mambety, Malerei: Sesoto, 6‘, Beta SP, OmU
Bezug: Cinémathèque de Bretagne
Deutsche Untertitel: .rtf / .ppt

Kathleen und Eldridge Cleaver in Algier
BRD 1970, R/K/T: Claudia von Alemann, 22‘, DigiBeta, engl. OF
Bezug: Claudia von Alemann

Anhand von vier Filmen entwickelt Olivier Hadouchi ein Bild von Algier als Produktionsort einer anti-kolonialen, panafrikanischen Ästhetik.
1950 drehte René Vautier heimlich Afrique 50, eine scharfe Argumentation gegen das Kolonialsystem und die Ausbeutung à la française in Westafrika. Im Anschluss an Flammendes Algerien (1958) bildete er eine erste Filmemacher- und Filmtechnikergeneration in Algerien aus. René Vautier zögerte nicht, für die Unabhängigkeitsbewegungen Partei zu ergreifen – auf Seite derer, die das koloniale Joch hinter sich lassen wollten. Mit Filmen wie Le Glas (unter dem Pseudonym Ferid Dendeni) protestierte er gegen die Hinrichtung von Aufständischen durch das Regime Ian Smith im damaligen Rhodesien.

In den 1960er Jahren hatte die Stadt Algier eine ganz besondere Bedeutung. Sie empfing Anführer und Repräsentanten der Befreiungsbewegungen aus Afrika, Asien und Lateinamerika: Algier, „das Mekka der Revolutionäre“. Sarah Maldoror drehte 1969 dort Monagambée, eine Allegorie über das koloniale Missverständnis.

Kathleen und Eldridge Cleaver in Algier von Claudia von Alemann, 1970 in Algier entstanden, gibt den beiden Black Panther-Aktivisten eine Plattform. Auf pointierte und erfinderische Weise wird eine verspottete Identität von diesen Filmen neu angeeignet, dynamisiert von einer Ästhetik – oft nah am Agit-prop –, in der die menschliche Stimme ihre Bedeutung wiedererlangt und gegen koloniale Unterdrückung Anklage erhebt. (oh)
Zu Gast: Sarah Maldoror und Claudia von Alemann

 

Tahia ya Didou
21.00 Uhr

 

Les Ajoncs / Stechginster
F 1970, R: René Vautier, Mitwirkender: Mohamed Zinet, 10′, 35 mm, OmU
Bezug: www.cinematheque.fr

Deutsche Untertitel: .rtf / .ppt

Tahia ya Didou / Lang lebe mein Freund
ALG 1971, R: Mohamed Zinet, K: Ali Marok, Pierre Clément , Bruno Muel u.a., Musik: M’Hamed El Anka, Malerei: M’hamed Issiakhem, Mitwirkende: Himoud Brahimi (Momo), Mohamed Zinet, Sarah Maldoror, George Arnaud, 77‘, 35 mm, OmU
Bezug: Cinémathèque algérienne
Deutsche Untertitel: .rtf / .ppt

Mohamed Zinet wirkte vor allem als Schauspieler, unter anderem in Filmen von René Vautier, Sarah Maldoror und Alexandre Arcady. Nur ein einziges Mal bot sich ihm die Gelegenheit, selbst Regie führen zu können: die Kommunalversammlung von Algier beauftragte ihn mit einem Stadtportrait. Zinet schuf mit Tahia ya Didou einen poetisch radikalen Film über das Algier jener Zeit – eine turbulente Stadt voller Stolz auf die Unabhängigkeit, doch auch voller unterschiedlicher Interessen und traumatisiert von einem brutalen Krieg.

Tahia ya Didou gleicht einem Streunen durch die Stadt, folgt einem Touristenpaar, einer Kinderhorde aus der Casbah und einem Schweizer ohne Visum. Die Straßen werden zur Bühne für kleine burleske Szenen, in denen ein enormer Aufbruchsgeist, der Auszug der Pieds-Noirs und die Aufgeblasenheit des neuen Regimes aufscheinen. Dieses Treiben betrachtet vom Hafen aus Momo, ein Dichter der Casbah. Seine Gedichte sperren sich gegen den lockeren Ton des Films und bereiten die abschließende Szene vor: der französische Tourist erkennt einen Restaurantgast (gespielt von Mohamed Zinet) als sein Folter-Opfer wieder.

Im Vorfilm Les Ajoncs sehen wir Mohamed Zinet, der sein Schauspiel unter anderem am Berliner Ensemble entwickelte, in der Rolle eines einfallsreichen Einwanderers, der trotz aller Widrigkeiten ein gutes Geschäft macht. (sb)

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