Und übrigens... noch ein Detail ...nach 10 Jahren kann man nicht mehr gegen jemanden vorgehen, zum einen wegen der 10jährigen Verjährungsfrist, zum anderen wegen des Amnestiegesetzes. Alle Kriegsverbrechen wurden amnestiert. Ich weiß gar nicht, wie oft die amnestiert wurden. Sie wurden 1962 amnestiert, dann 1968 und erneut vor Kurzem. Dann nennen wir sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die verjähren nicht. - Nein, dann verjähren sie nicht. Wie ist es im Fall von Le Pen? In seinem Fall kann ich nur wiederholen, was ich immer wieder gesagt habe. Ich bin nur ein bescheidener Historiker, der nur seinen bürgerlichen Pflichten nachkommt, d.h. das offenzulegen, was man verstecken möchte. Das hat man mir mit 12 in der Schule beigebracht. Ich habe das Dokument veröffentlicht, dass mir Paul Teitgen gegeben hatte, und das Paul Thibault und ich 1962 in Vérité-Liberté veröffentlicht hatten. Er hat uns niemals verklagt und er hat niemals dementiert. Damals. Heute spielt er den Schlauen und sagt: « Das sind alles Fälschungen. » Das sind keine Fälschungen. Das sind authentische Dokumente... darunter auch eine Quittung eines Opfers von Le Pen, das von Paul Teitgen 1 Million aus geheimen Fonds erhalten hatte, die von Herrn Lacoste kamen, weil ein folternder Abgeordneter sich nicht gut macht. Die Polizeiberichte über Le Pen hatten keinerlei Konsequenzen. Das hatte einen einfachen Grund. Man darf nicht vergessen... dass Le Pen Oberleutnant bei den Fallschirmjägern war, und nur die Militärtribunale waren für diese Dinge zuständig. Nie hat die Armee, außer Bollardière vielleicht, diese Berichte verfolgt. Niemals, niemals, niemals! Auf keinen Fall Massu. Denn man verletzt die Ehre der Armee, genauso wie, wenn man einen nachlässigen Steuerbeamten verfolgt, und so die Ehre des Finanzamts verletzt. Das ist das gleiche. Außer dass die Soldaten sagen konnten: « Ich habe nichts falsch gemacht. Ich war nie außerhalb der Ordnung, weil meine Vorgesetzten mich decken. » Das war eine geheime Institution, und genau dort lag das Problem. Einmal sagte mir Beuve-Mery, « In Le Monde schrieb ich: Wenn Sie die Folter wieder einführen müssen, dann sagen Sie es! Ernennt einen Henker! Die Sache wäre dann klar! » Aber man hat keinen Henker ernannt. Man hat die Sache im Verborgenen gemacht, und hat Mitverschwörer geschaffen, die dann, im etymologischen Sinne, die gemeinsam geschworen haben zu lügen. Die dann geschworen haben, die Republik hochgehen zu lassen, falls sie versuchen sollte... - Genau, das war das Ziel. Sie sagen auch: « sie haben geschworen die Republik hochgehen zu lassen » . Heute wird bei rechtmäßigen Wahlen einer dieser Henker Europa-Abgeordneter. Was müssten Leute machen, die Zeugenaussagen von Algeriern filmen, die durch Le Pens Hände gegangen sind? Soll man das zeigen, oder nicht? Man darf es nicht zeigen, man muss es herausschreien! Was auch immer die Konsequenzen wären. Stellen Sie sich Hitlers erste Erfolge vor, wenn man solche Dokumente gehabt hätte, man hätte sie veröffentlichen müssen! In Le Pens Fall ist es offensichtlich, dass das ein ähnliches Phänomen ist. Warum? Weil es jemand ist, der ein brutaler Mensch, ein Taugenichts ist, und was Sie wollen, aber der Charisma hat. Dann haben wir es mit der guten alten Rechten des 16. Arrondissement zu tun. Wo es nicht besonders viele Araber gibt. Und daneben Leute aus proletarischen Vierteln. Genau diese Mischung hat den Nazismus hervorgebracht, und genau die ist so explosiv und macht Le Pen zu einer öffentlichen Gefahr. Das Problem ist, Folter als ein Übel zu verstehen. Das ist die Frage. Weil viele Leute, und ich werde die Dinge sagen, wie sie sind, viele Leute betrachten dies als gut. solange man den Typen gegenüber foltert. Sie denken, dass Le Pen heute zugeben muss, dass er ein Folterknecht war. Glauben Sie, dass ihm dies Stimmen kosten würde? Ich bin mir nicht sicher. Aber es würde seine Wählbarkeit in Frage stellen, weil er... Verbrechen gegen die Menschlichkeit beging. Das ist immerhin ein Problem. Ein echtes Problem. Das echte Problem! Ein französisches oder eine europäisches Problem? Es gibt eine europäische Menschenrechtskonvention. Somit ist das ein europäisches Problem. Das ist kein abgeschlossener Vorgang, es sind eher Bildnotizen, die sich zu einer ‘historischen Untersuchung’ zusammenfügen, wenn wir ihre Unterstützung erhalten, dies erfolgreich durchzuführen. Sie haben im Fernsehen gesehen wie die Argentinier ihre Generäle verklagten, wie ein polnisches Gericht einen folternden General verurteilt. In ihrem Namen ist BARBIE verurteilt worden... 300 Journalisten haben das traurige Problem der Österreicher offen gelegt: Sie haben Kurt WALDHEIM gewählt, der verdächtigt wird, Kriegsverbrechen ‘gedeckt’ zu haben, und der ein Historikerkomitee akzeptiert hat. Der einzige ‘filmemachende Historiker’, der während des frz. Präsidentschaftswahlkampf darauf aufmerksam gemacht hat, dass gewisse Franzosen für einen Kandidaten mit blutigen Händen zu stimmen drohten, tatsächlich waren es fast 15%, der wird am 22. Juni 1988 in Paris verurteilt. Er hat nicht das Recht zu beweisen, was er behauptet. Das Amnestiegesetz deckt die französischen Verbrechen. Aber es gibt kein Amnestiegesetz auf europäischer Ebene. Denken Sie, dass nur ausländische Journalisten, Film- und Fernsehmacher, über dieses Kapitel frz. Geschichte, den Algerienkrieg, sprechen dürfen, der noch immer unmittelbar die französische Politik beeinflusst? Ich war Juni 1957 als Teil des Komitees gegen Konzentrationslager in Algerien. Dessen Gründer David Rousset hatte davor die Verbrechen Stalins untersucht. Auch ich war Teil dieses Komitees, das bereits zu Stalins Lebzeiten seine Arbeit in Brüssel aufnahm. Während des Algerienkriegs hat Rousset mit Guy Mollets Erlaubnis drei ausländische Mitglieder zu Ermittlungen nach Algier geschickt. Ein belgischer Arzt, der als Mitglied der belgischen Résistance deportiert wurde, ein holländischer Anwalt und ein norwegischer Journalist, die beide in der Résistance waren und deportiert wurden. Dann gab es noch zwei Franzosen, Louis-Martin Chauffier und ich selbst. Wir sind nicht ganz einen Monat lang durch ganz Algerien gereist, und haben alle Lager und Gefängnisse besichtigt. Die drei Mitglieder des Komitees machten ihre Untersuchungen, währenddessen konnte ich mir ein eigenes Bild machen. Mir wurde schmerzlich klar, dass ich überall viele Gefangene kannte. Nur 1 Jahr zuvor hatte ich ein soziales Netzwerk eingerichtet, das gegen Algeriens Unterentwicklung ankämpfte. Das hatte unmittelbare Auswirkung im französischen und algerischen Umfeld. Man darf sich nicht vorstellen, dass alle Pied-Noirs Blutsauger waren. Ich hatte sehr viele Pied-Noirs Freunde, die die Algerier sehr mochten und überhaupt keine Rassisten waren. Ganz im Gegenteil, sie lieben dieses Land und seine Bewohner. Diese Tätigkeit brachte mich mit vielen algerischen Aktivisten in Kontakt. Als ich sie in den Gefängnissen sah, merkte ich wie verletzlich ein Land ist, wenn die Mutigsten und Klügsten zerstört werden, durch entsetzliche Umstände, die wir in den 40er Jahren durchgemacht hatten, und die damals in Algerien herrschten. Denken Sie, dass sie aus ihren Erfahrungen sagen können, dass in algerischen Gefängnissen gefoltert wurde? Die Frage stellt sich nicht. Es wurde nicht nur gefoltert, es wurde systematisch gefoltert. Seit Januar 1957 wurde das Foltern zum System. Mir war davor schon klar, dass gefoltert wurde, aber es wurde immer als Fehlverhalten betrachtet. Das Foltersystem geht auf Januar ’57 zurück. Das wurde mir klar, als ich im Juni ‘57 die algerischen Gefängnisse besuchte. Da habe ich gemerkt, dass die Folter System hatte. Für mich was das eine Schande, und ein unerträglicher Schmerz. Und was halten Sie von dieser unmöglichen Situation in der wir uns heute rechtlich befinden, wenn wir über die Folter sprechen, die unsere Armee verübt hat? Das ist das Gesetz seitdem es die Amnestie gibt. Die Amnestie tilgt tatsächlich das Verbrechen. Ich denke es ist notwendig, sich bestimmter Erfahrungen zu erinnern, um die Leute zu erziehen, die später Entscheidungen treffen müssen. Leute, die Befehle geben, müssen wissen, welche Konsequenzen ihre Befehle haben. Überall schlägt die Polizei oder greift auf anderes Mittel zurück. Die entscheidende Frage ist, wie weit man geht. Ich habe gefoltert und foltern lassen, weil wir keine Alternativen hatten. Ich habe ungefähr 500 Araber gefoltert. Für jemanden, der normal ist, ist es nicht leicht, zu foltern. Aber für uns waren die Algerier keine Menschen. Wir nannten sie « Ratten » oder « Scheißaraber », und dann wird es leicht zu foltern, weil man denkt, das sind keine Menschen. Ich habe oft gehört, die Folter wurde von General Massu eingeführt, um gegen den urbanen Terrorismus zu kämpfen. Vielleicht stimmt das. Aber ist es ihrer Meinung nach ein Zufall, dass die Folter genau dann institutionalisiert wurde, als die F.L.N gewaltfreie Aktionen plante, d.h. den Generalstreik? Das ist sehr interessant. In der Tat war das algerische Volk in dieser internationalen Situation... auch wenn das jetzt eher Wunschdenken ist, aber später könnte es eintreten, vor allem in Polen... wenn also das algerische Volk so weit ist, sich der französischen Regierung im eigenen Land geschlossen zu widersetzen. Der totale Ungehorsam des gesamten algerischen Volks, das wäre eine unaufhaltsame Kraft gewesen. Und der Generalstreik wäre so etwas gewesen. Man kann ja einen Händler nicht des Terrorismus beschuldigen, nur weil er streikt und sich weigert seine Sachen zu verkaufen. Und da hätte es, wie Sie sagten, Feuer und Flamme gefangen. Man hat mit allen Mitteln reagiert. Man hat die Türen der Händler aufgebrochen, man hat die Leute unter Zwang mit den Lastwägen zur Arbeit gefahren. Tatsächlich war es den französischen Behörden und dem Militär völlig klar, dass ihnen dann eine unbezwingbare Macht gegenüber stehen würde, wenn die Ereignisse auf die interessierte Weltöffentlichkeit treffen. Das wäre für unsere Ansprüche in Algerien überaus gefährlich geworden. Die Gewalt wurde genau dann institutionalisiert, so effektiv, dass es General Massu erstaunlicher Weise selbst zugibt. Er sagte, die Folter wurde für einen sehr konkreten Fall eingeführt. Wenn man einen Typ festnimmt von dem man weiß, dass er eine Bombe legen wird. Aber nur ein paar Seiten später erweitert er den Begriff des Verdächtigen. Man sammelte einfach wahllos alle ein, stellte ihnen Fragen und wenn sie nicht anworten, dann folterte man sie. Die Behörden haben den Terrorismus als Vorwand benutzt, um auf gleiche Weise zu antworten. Vermeintlich Verdächtige wurden festgenommmen, gefoltert und zu Aussagen gezwungen. Der Folterer demütigte sich selbst. Man hatte keinen Respekt vor den Menschen. Zeugenaussage von ROUCHAï CHERKI ALI aufgenommen von René Vautier am 20.12.1984 in Algier Ich heiße Rouchaï Cherki Ali, geboren 1941 in Algier. Sie wurden während der Schlacht um Algier verhaftet. Ich wurde dann verhaftet, genauer im Februar 1957. Hießen Sie damals nicht Darman? Alle kannten mich unter diesem Namen, nur mein Chef kannte meinen echten Namen: Ali. Sie nahmen mich fest, steckten mich in ein Auto. Ein grauer 203. Ich lag bäuchlings im Auto. Sie setzten sich rein und wir sind los. - Und Sie saßen hinten im Auto ? - Hinten, ja. Ich lag am Boden. Die Soldaten hatten ihre Füße auf meinem Rücken, damit ich nicht sehen konnte, wohin wir gingen, wo ich war... Dann sind wir irgendwo angekommen. Das Auto fuhr in eine Garage hinein. Wir hielten an, stiegen alle aus. Sie brachten mich in ein Zimmer, und dort fing es dann an. Was fing an? Ich fing an mich auszuziehen. Die Soldaten halfen mir, mich zu beeilen. Und da bemerkten sie meine Statur. Der Offizier sagte mir, da er sah, dass ich nicht besonders kräftig war, er sagte: « Der bräuchte einen wirklichen Polizisten. » Ich weiß nicht, warum er das sagte. Aber damit hatte er angefangen. « Der bräuchte einen wirklichen Polizisten. » Ich stand nackt da. Der Offizier ging raus. Ein bisschen später kam er zurück. Hinter ihm stand jemand, mit dem er sich unterhielt. Er fragte ihn: « Ist das der da? Ist das der, von dem du uns erzählt hast? » Der andere antwortete etwas wirr... Es musste schon gut eine Viertelstunde vergangen sein... « Ja, ja, ja, mein Oberleutnant. Das ist er. Zweifellos! » Also schicken sie ihn wieder weg und fangen an, mir Fragen zu stellen. « Sag uns, was du über die F.L.N. weißt. » Ich sage ihm: « Oberleutnant, ich bin kein F.L.N. Ich bin ein Angestellter. Ich arbeite, um meinen Unterhalt und den meiner Familie zu sichern. » Damals versorgte ich meine Familie. Er sagte mir: « Es lohnt sich nicht. Es ist in deinem Interesse uns alles zu erzählen, weil wir alles über dich wissen. » Ich sagte: « Ich weiß nichts von dem, was Sie mich gerade fragen. » Er: « Wenn du nicht willst, gibt es auch andere Mittel, dich zum Sprechen zu bringen. Wir werden schon etwas finden. » Ich musste mich auf einen Stuhl setzen. Ein Soldat stellte sich hinter mich. Er legte mir eine Art Ohrring an, zwei Zangen, auf jede Seite eine. Er wiederholte die Frage: « Willst du reden, ja oder nein? » Ich sage ihm: « Ich schwöre ich, ich weiß von nichts. » Er hat mich nicht den Satz zu Ende sprechen lassen... Das war ein Schlag... wirklich. Ein Stromschlag. Ich habe einen Satz gemacht, das kann ich gar nicht beschreiben. Ich bin aufgesprungen... Ich fing an, vor Schmerzen zu schreien. Und er hörte auf. Aber es war nur der Anfang. Er sagte mir: « Redest du oder nicht? » Und ich sagte immer noch das Gleiche: « Oberleutnant, ich weiß gar nichts. » Und dann fing das mit dem Strom wieder an. Ich fiel auf den Boden. Das tat unglaublich weh und ich versuchte mich irgendwo festzuhalten. Neben mir stand ein Fallschirmjäger. Ich krallte mich an ihm fest. Man hätte ihn hören müssen! Ich schwöre, er schrie lauter als ich! - Weil er auch einen Schlag abbekam? - Genau. Er schrie noch lauter als ich. Dann endlich haben sie aufgehört. Der Oberleutnant stand auf, er stand mir gegenüber. Er steht auf, kommt auf mich zu und sagt: « Du bist nicht nett zu uns. Du willst uns nicht sagen, was du weißt. Das wird schlecht für dich ausgehen. » Er befiehlt mir aufzustehen. Ich stelle mich hin. Ich weiß nicht warum, aber er sagt zu mir: « Du bist dürr. Schau mich an, ich bring es auf gute 90kg. Ich könnte dich zerquetschen. » Und er fängt an, auf mich einzuschlagen. - Das war der Oberleutnant? - Das war der Oberleutnant. Erkennen Sie ihn auf dem Foto wieder? Ja, sicher. Das ist der hier. - Wer? - Der hier. Halten Sie das Bild in die Kamera? Halten Sie es vor ihr Gesicht. Der hier. - Wussten Sie, wie er hieß? - Nein, nein. Das wusste ich noch nicht. Erst später erfuhr ich seinen Namen. Erst als ich mich immer noch weigerte. Da wurde er wütend. Er sagte mir: « Wir haben versucht nett zu dir zu sein, aber du bist es nicht zu uns. Also, ich sag dir was... Du wirst sprechen. Ich schwöre dir, du wirst sprechen, sonst würde ich nicht Le Pen heißen. » Und dann fing es wieder an. Noch einmal ausziehen. Sie bringen den Zeugen zum zweiten Mal. Was also sagt Le Pen zu ihm? Er sagt: « Hör mal gut zu. Dieses Mal wirst du uns die Wahrheit sagen. Ist er es oder ist er es nicht ? Du musst uns die Wahrheit sagen. Es lohnt sich nicht zu... » Der andere sagt wirklich : « Ja, ja. Es ist er. Ich schwöre ihnen, es ist zweifellos er. » Er schickt ihn ein zweites Mal weg. Immer noch nackt, legt man mich auf den Boden. Sie haben mich mit Wasser übergossen. Ich wusste erst nicht, warum sie das machten. Erst später habe ich es verstanden. Sie haben mich ganz durchnässt, und dann haben sie mir wieder die Zangen dran gemacht. Eine an jedem großen Zeh und sie haben wieder mit dem Strom angefangen. Mein ganzer Körper ist zusammengezuckt. Mein Gehirn hat kurz aufgehört, zu funktionieren. Ich konnte nicht mehr und das dauerte... Ich kann nicht mehr genau sagen, wie lange, und das war sehr schmerzhaft. Sie hörten auf. Sie sagten zu mir: « Redest du oder nicht? » Immer die gleiche Geschichte: « Ich weiß nichts, ich kenne die F.L.N. nicht... Ich kümmere mich um meine Familie. » Das war der Moment, an dem sie mich rausgelassen haben. Sie brachten mich ins Scheißhaus. Sie steckten mich da also rein. und ich blieb da eine ganze Weile. In der Zwischenzeit hatten sie noch andere... weil sie ja arbeiteten. Sie waren nicht die einzigen, die damit beschäftigt waren. Es gab mehrere Gruppen, die ich aber nicht gesehen habe. Die Gruppe, die sich um mich kümmerte, wurde von Le Pen kommandiert. Ich weiß nicht, ob Le Pen auch die anderen Gruppen kommandierte, oder jemand anderes, aber es gab andere Gruppen. Sie brachten einen anderen rein, und ich hörte ihn schreien. Und wie ich ihn schreien hörte... Ihn hatten sie wahrscheinlich noch schlimmer gefoltert als mich. Was hatten sie bloß mit ihm gemacht? Da kam ein Fallschirmjäger ins WC. Ich war in einer Ecke hier und die WC waren dort. Was hätte es ihn gekostet ins Klo zu urinieren? Anstatt ins Klo zu urinieren, kam er auf mich zu. Er hat auf mich uriniert! Direkt auf mich. Ins Gesicht, überall! Ich war nackt. Er urinierte einfach auf mich. Er schloss die Tür und ging wieder raus. Eine halbe Stunde später hat das wieder angefangen. Das war eine neue ‘Arbeitssitzung’, wie sie es nannten. Man holte mich rein... und dann fing es wieder an mit Stockschlägen, Fäusten, Tritten... und den Todesdrohungen. « Wenn du nicht redest, dann war es das. » Schließlich so gegen... 3 Uhr nachmittags... man hatte nicht... die Zeit, um auf die Uhr zu schauen... Vielleicht um 3, halb 3 nachmittags, sie stellten immer noch Fragen über die F.L.N., meine Kameraden und so, hebe ich den Daumen und sie hören auf. « Was willst du uns dieses Mal sagen ? » « Oberleutnant, ich kenne Leute, aber nicht namentlich. Und ich kenne ihre Adresse nicht. Einer heißt Abdul, der andere Mohammed und Ali, aber ihre Famliennamen kenne ich nicht. Die Adressen kenne ich nicht. « Und wie erkennst du deine Kameraden? » Ich : « Auf der Straße. » Le Pen sagte mir : « Du fängst an, uns lästig zu werden. Du willst nicht kollaborieren. Wir haben versucht nett zu dir zu sein, aber du willst nichts davon wissen. Und es liegt in deinem Interesse, uns die Wahrheit zu sagen. » Sie brachten mich in die Garage. Die Garage war hinter der Villa. Es gab da eine Art Waschplatz, wie eine Badewanne. Dort waschen die Frauen die Wäsche. Es war voller Wasser. Man brachte mich dort hin. Meine Hände waren mir auf den Rücken gebunden und lehnte mich an das Waschbecken. Neben mir standen zwei Soldaten, einer auf jeder Seite, die meinen Kopf unter Wasser drückten. Neben mir standen zwei Soldaten, einer auf jeder Seite. Sie drückten meinen Kopf unter Wasser. Das dauerte 30 Sekunden, 1 Minute. Dann holten sie mich wieder raus. « Redest du oder nicht ? » Immer das Gleiche: « Ich kenne niemanden, weiß von nichts. » Und so war es: Folter, Strom, Prügel mit dem Stock, Faustschläge, Tritte, Wasser. Das hat alles nichts gebracht. Und immer in Anwesenheit desselben Oberleutnants? Ja. Und er gab die Befehle. Die anderen waren einfache Soldaten, Fallschirmjäger. Vielleicht gab es Korporale ... aber das ist geringer als ein Oberleutnant. Er war der Chef der Gruppe. Sie hörten also auf. Sie bringen mich in ein Zimmer neben dem Folterraum. Ich konnte alles hören, was im anderen Raum passierte. Schreie. Schreie von Männern, von Frauen. Ich hörte sie schreien. Das war schrecklich. Ich hielt mich, so gut ich konnte als es um körperliche Folter ging, aber die psychische... Die Müdigkeit, der Schlaf und... Und dazu noch die körperliche Folter. Ich konnte nicht mehr! Am nächsten Tag ging es so weiter, Strom, Wasser, dann die ganze Palette. Ich bin schwach geworden. Ich habe den Daumen gehoben. « Bravo. Was wirst du uns jetzt erzählen? » Ich sagte: « Ich werde euch was zeigen. » « Zieht ihn sofort an! » Man steckte mich in eine Fallschirmjägeruniform. Ich brachte sie zur Rue Montaigne. An diesen Tag habe ich meinen Kameraden verraten. Das war Mohammed. Ich saß im Zimmer nebenan und mein Kamerad ging in das Folterzimmer. Möge mir Gott diesen Tag verzeihen. Er hat gelitten. Er hat gelitten. Er hat alles gesehen. Das ganze Folterarsenal machte er durch. An einem Punkt sagte er, ich hätte die Waffen gebracht. Von da an hat man wieder angefangen Sie zu foltern? Von dem Moment an haben sie ihn gelassen und mit mir wieder angefangen. Währenddessen hatte er angefangen, von Attentaten zu erzählen. Das war sehr schlimm. Er kam raus und ich rein. Ich war wieder dran. Sie fingen an, aber die Fragen waren anders. Sie ritten darauf herum. Ich aber wollte nicht vom Attentat sprechen. Ich stritt alles ab. Ich weiß nicht, ob sie mir glaubten, oder ob sie es eilig hatten. Sie ließen mich raus. Sie brachten mich in ein Zimmer runter. Ein ganz kleines Zimmer, vielleicht 2 x 2m. Als die Soldaten die Tür schlossen, bemerkte ich eine Flasche auf dem Fenster. Mir kam der Gedanke, mich umzubringen. Ich konnte nicht mehr. Ich war am Ende, körperlich und psychisch. Und dann die Angst... in den Augen meiner Freunde ein Verräter zu werden. Meine Familie wäre gedemütigt. Die einzige Lösung war die Flasche. Ohne nachzudenken, nahm ich die Flasche und zerschlug sie. Ich fing an, mir den Hals aufzuschlitzen. Sind das die Narben, die man sieht? Ja, man sieht hier eine Narbe. Eine hier. Ich atmete hier durch. Professor B. hat wirklich gute Arbeite geleistet. Als die Soldaten das Klirren hörten, kamen sie angelaufen. Ich war gerade dabei, mir mit der Glasscherbe in den Hals zu schneiden. Sie versuchten mir die Flasche zu entreißen, die Scherbe in meiner Hand. Es war der spitze Flaschenhals. Ich bedrohte sie damit. Ich glaube, ich haben sie verletzt, weil ... Ich habe sie mit der Scherbe bedroht und dann bin ich gestürzt. Aber sie haben mich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit ins Krankenhaus gebracht. Sofort danach, ein Auto stand vor der Tür der Villa, setzten sie mich ins Auto und fuhren mich ins Krankenhaus. Sofort in den Operationssaal. An dem Tag war Professor B. dort. Le Pen sprach mit ihm. Ich weiß nicht, was er ihm hätte sagen können. Ich sah nur wie Professor B. ein Zeichen mit dem Kopf machte. Ich weiß nicht, ob... « ich kann Sie nicht empfehlen, wenn er nicht überlebt ».... Ich wurde narkotisiert. Als ich wieder aufwachte war ich in der Isolation. Es gab einen Raum im Krankenhaus, den man die Isolation nannte. Alle politischen Gefangen kamen dort hin und wurden von der Polizei bewacht. - War Professor B. Franzose? - Ja! - Hat er sich gut um Sie gekümmert? - Ja, ja. Warum? Nachdem ich in die Isolation kam, kam er zur Visite, um nach seiner Arbeit zu schauen. Weil es ein Meisterwerk war. Man musste nur meinen Hals sehen. Er kam, um seine Arbeit zu sehen. Und die Fallschirmspringer kamen auch, sehr oft sogar. Sie versuchten mich da rauszuholen, aber die Polizisten ließen sie nicht. Sie brauchten einen Entlassungsschein, und der musste von einem Arzt kommen. Dieser Kranke wird von sowieso betreut. Er muss den Schein unterschreiben. Sie sagten ihnen also: « Holen Sie den Schein und wir geben Ihnen den Gefangenen. » Glauben Sie, dass der Professor Sie so lange wie möglich hielt? Der Professor hatte gesagt : « Die Frage stellt sich nicht. » Der Kranke ist mein Kranker. Und ich möchte nicht meine Arbeit verlieren. Ich sage Ihnen, wann Sie ihn wieder haben können. » Musste er Le Pen nachgeben? Er hat mich einen Monat später entlassen. - Was ist dann passiert? - An dem Tag brachte man mich in die Villa. Es gab eine Menge Offiziere. Es war nicht mehr wie davor. Es gab sehr viele Offiziere. Hauptmänner, Oberleutnants, Kommandanten. An dem Tag sprach Hauptmann Martin mit mir. - Le Pen war aber immer noch da? - Ja. Er war immer anwesend. Bei allen folgenden Befragungen war Le Pen anwesend. Und man fing wieder von vorne an? Hauptmann Martin stellte mir Fragen. Er sagte mir : « Geht es besser? » Ich sagte : « Ein bisschen. » Er : « Was willst du jetzt? Du hast uns beim ersten Mal gekriegt. Aber jetzt wirst du uns die Wahrheit sagen ? » Ich sagte: « Es bleibt das Gleiche, ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt. » Sie haben mir nochmal die Zangen angebracht, mir einen Stromschlag versetzt. Ich habe geschrien. Das Blut fing an herunterzulaufen. Wirklich, als Hauptmann Martin das Blut gesehen hatte, sagte er: « Aufhören! » Sie ließen mich raus und brachten mich zu meinen Kameraden. Dort habe ich nicht wenige getroffen. Ifa, Aïssi, Bouboukehr, Zouaï Mortar... - Wurden alle von Le Pen gefoltert? - Ja. Zouad Mourtar, nachts ließen sie ihn dann... wir haben die Nacht nebeneinander verbracht. Er schob seinen Kopf immer gegen meine Brust. Er hustete die ganze Nacht. Am Morgen, als ich aufwachte, war meine Brust voller Blut. Während er hustete, spuckte er Blut. - Als Folge der Befragung? - ...als Folge der Befragung. Man hat ihm... was soll ich sagen, die Brust zerschlagen. Der Oberleutnant Le Pen leugnet heute ein Folterknecht gewesen zu sein und verklagt diejenigen, die ihn in Frankreich so bezeichnen. Was halten Sie davon? Ich bin nicht der einzige. Es gibt viele Algerier, die bezeugen können, dass Le Pen im Befreiungskrieg gefoltert hat. Die Armee machte nachts Razzien. Nahm ganze Familien mit. Man wusste nicht, was mit ihnen geschah. Ich habe ihnen gesagt: « Sie können sie verhaften. Sie haben die Polizeigewalt. Aber sie geben mir jeden Morgen die Zahl der Verhafteten durch, und weisen ihnen einen Wohnsitz bei ihnen in der Kaserne zu, und übergeben sie mir bei der Freilassung. » Sie haben mir nicht alle übergeben. Man hatte 24.000 unter meinem Namen zugewiesen, die Militärbehörden waren unabhängig, außer bei der der Zuweisung des Wohnorts, aber ich hatte nicht das Recht, den Wohnsitz zuzuweisen. Das hatte der Präfekt. 24.000, es fehlten 4.000. Man hatte mir 4.000 nicht übergeben, hatte ich im September 56...57 ermittelt. Es fehlten zu viele! Wo sind sie? Nicht auf den Feldern bei Polcasel. Dort habe ich nachgeschaut. Dort war niemand. Einfach verschwunden! Die Wadis, das Meer vielleicht... die Toten von Bijar, so nannte man sie. Man betonierte ihre Füße und ließ sie aus dem Hubschrauber ins Meer fallen. Man führt so keinen Krieg, das ist nicht möglich. Über einige dieser tausenden Vermissten haben wir authentifizierte Zeugenaussagen, die die direkte Verantwortung von Oberleutnant Le Pen belegen, der heute Europaabgeordneter ist. Wir glauben, dass, wie im Fall von KURT WALDHEIM, eine internationale Kommission gerechtfertigt ist, die die Verantwortung und die Wählbarkeit dieser öffentlichen Person feststellen kann. 1. Fremdenregiment der Fallschirmjäger